Saterfriesisches Wörterbuch
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Hoals, do Hoalze, die

1. Hals: 1.1 Hoals uur dä‘n Kop moaste hie hilkje: Hals über Kopf, überstürzt, ohne jegliche Planung, sofort musste er heiraten. 1.2 sik wäch?t an dä‘n Hoals hoalje : durch eigenes Verschulden sich selbst Unannehmlichkeiten bereiten. 1.3 hie häd et in dä‘n Hoals : er hat eine Mandelentzündung. 1.4 die Weertsmon häd dä‘n Skipper Hoals uur dä‘n Kop tou de Dore heruutsmieten : der Wirt hat den Schiffer Hals über Kopf zur Tür hinausgeworfen. 1.5 die ferkierde Hoals : die Luftröhre. 1.6 Hier lait alles ap dubbelde(‘n) Hoals trucheenuur ien : hier liegt alles durcheinander. 1.7 hie kon dä‘n Hoals nit fulkriege : er ist äußerst gierig. 1.8 alles truch dä‘n Hoals joagje : viel Geld ausgeben, indem man nur vom Feinsten isst und trinkt. 1.9 dät Göitjen lait deer ap dubbelden Hoals – kruus un gemeen : der Stoff liegt zerknautscht und zerknittert da. 1.10 dusse Oarbaid hääst du mie ap dä‘n Hoals joaged : du hast mich gegen meinen Willen mit dieser Arbeit belastet. 1.11 dät ieten blift mie in dä‘n Hoals sitten : das Essen bleibt mir im Halse stecken. 1.12 hie häd fuuls tou fuul an Hoals : er hat zu viele Sorgen. 1.13 hie häd ‘‘n luden Haals : er hat ein lautes Organ. 1.14 die dubbele Hoals : die Speiseröhre. 1.15 hie häd sik wäch?t an (dä‘n) Hoals hoald : er hat sich übernommen; er kann seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. 1.16 hie rukt/ stjunkt uut dä‘n Hoals : sein Atem riecht. 1.17 iek häbe him mie fon Hoals broacht : ich habe ihn mir vom Halse geschafft. 1.18 in dä‘n ferkierde Hoals kriege : als Beleidigung auffassen. 1.19 ‘‘n loangen Hoals moakje : den Kopf vorausstrecken, um besser sehen zu können. 1.20 aan um dä‘n Hoals fale : jemandem aus Kummer oder Zuneigung umhalsen. 1.21 deer is neen Ku bee/ uum Hoals kemen : so schlimm ist die Sache nicht. 1.22 iek kon niks truch dä‘n Hoals kriege : ich kann nicht schlucken. 2. Leben: 2.1 hie woget sik deer Hoals un Kroagen bee/ : er riskiert sein Leben, seine Existenz dabei. 2.2 hie is boalde uum dä‘n Hoals kemen : er ist fast tödlich verunglückt 3. Kehle: dusse Koopmon snidt die dä‘n Hoals truch, un du määrkst dät goar nit : dieser Kaufmann schneidet dir die Kehle durch, und du merkst das gar nicht.

ouhaue

1. abhauen, abschlagen: 1.1 alle Takken fon dä‘n Boom fóar uus Huus häuwen wie ou : alle Äste von dem Baum vor unserem Haus schlugen wir ab. 1.2 ‘‘n Petälje Wien dä‘n Hoals ouhaue : einer Flasche Wein den Hals brechen. 2. (Staub, Schnee) abklopfen. 3. abhauen, verschwinden (is): hie is ouhauen, eer do Dregunere him aphoalje kuden : er ist abgehauen, bevor die Polizisten ihn verhaften konnten.

japsk

1. übernächtigt, abgespannt. 2. (Kleidungsstück) schlotterig; zu weit; nicht eng anschließend: 2.1 din Pullower is tou japsk : dein Pullower ist zu schlotterig. 2.2 dät Klood is ‘‘n bitje japsk an dä‘n Hoals : das Kleid schließt schlecht am Hals.

klopje

1. klopfen, schlagen: 1.1 in do Hounde klopje : klatschen. 1.2 hie kloppede fon Bliedskup in do Hounde : er klatschte vor Freude in die Hände. 1.3 dät Haat kloppede mie in dä‘n Hoals : das Herz klopfte mir im Hals. 2. quirlen: 2.1 do oolde Seelter häbe oafte älke Mäiden ‘‘n klopped Oai mäd Roodwien, Bjoor of Sluk droanken : die alten Saterfriesen haben häufig jeden Morgen ein gequirltes rohes Ei mit Rotwein, Bier oder Korn getrunken. 2.2 bee/ t Wustmoakjen wuud dät Swinnebloud klopped, dät et nit stulde : beim Wurstmachen wurde das Schweineblut gequirlt, damit es nicht gerann. 3. (+ sik) sich prügeln: do Wäänte klopje sik in de Spieltied : die Jungen prügeln sich wäch?hrend der großen Pause.

kraasje

1. kratzen: 1.1 die Eedrook kraset mie in dä‘n Hoals : der Torfrauch reizt mir die Schleimhäute im Hals. 1.2 hie häd deer wäch?t an tou kraasjen : das ist eine schwere Last für ihn. 2. kardieren: Wulle kraasje : Wolle kardieren; Wolle kratzen und kämmen. 3. (Hühner) im Boden scharren: do Hannen kraasje ap dä‘n Hoage : die Hühner scharren auf dem Misthaufen.

Läipe, dät

1. Hautkrebs. 2. sichtbares Krebsgeschwür: hie häd dät Läipe an dä‘n Hoals: er hat ein Krebsgeschwür am Hals:

ouskafje

1. abschaffen, fortgeben: wie häbe do Bäiste ouskaffed : wir haben die Kühe abgeschafft, halten keine Kühe mehr. 2. schaffen: iek wol mie dusse Läst/Last fon dä‘n Hoals ouskafje : ich will mir diese Last vom Halse schaffen.

Snouk, -e, die

1. Hecht: ‘n Snouk fangen: mit nassen Füßen nach Hause kommen. 2. magerer Mensch. jemand mit einem langen Hals: Hier kumt die oolde Snouk mäd sin loange Hoals : da kommt der alte Hecht mit seinem langen Hals.

Stede, -n, ju

1. Stelle, Stätte: 1.1 ap de Stede: plötzlich, sofort; auf der Stelle. 1.2 die Houngst bleeuw ap de Stede stounden: das Pferd blieb plötzlich stehen. 1.3 hie häd ‘n Stede in Huus, wier hie oarbai(d)je kon: er hat eine Stelle im Haus, wo er arbeiten kann. 1.4 nit fon/uut ju Stede kume: nicht von der Stelle kommen; nicht vorwärts kommen. 1.5 alles is nu ap Stede: alles ist jetzt in Ordnung. 1.6 wie kume nit fon ju Stede mäd uus Oarbaid, wan dät Weder so blift: wir kommen nicht von der Stelle mit unserer Arbeit, wenn das Wetter so bleibt. 1.7 gunge ‘n bitje uut de Stede: gehe ein bisschen beiseite. 1.8 ap Stede hoolde: instand halten. 1.9 ap Stede kume: in Ordnung gehen. 1.10 ap Stede moakje, brange: aufräumen. 1.11 ‘n Rekenge ap Stede moakje: eine Rechnung begleichen. 1.12 hie mai Lieuwer ap Stede nit liede: er mag Leber absolut nicht leiden. 1.13 do Stoule mouten ap Stede sät wäch?ide: die Stühle müssen auf den richtigen Platz gesetzt werden. 1.14 hie kon niks oarntlik fon de Stede sätte: er kann nichts ordentlich ausführen, durchführen. 2. Bauernhof, Bauernstelle: 2.1 min Fädder häd ‘n flugge, grote Stede: mein Vetter hat einen schönen, großen Bauernhof. 2.2 hie hilket ju Stede un nit dät Wieuw: er heiratet aus Habgier und nicht aus Liebe. 2.3 fon de Stede moute: den Bauernhof wegen Überschuldung verlassen müssen. 3. Grundstück, Baugrundstück: hie häd noch neen Stede fuunden, wier hie baue kon: er hat noch kein Grundstück gefunden, wo er bauen kann. 4. schadhafte Stelle, Kratzer: deer is ‘n Stede in ju Fawe, ju uutbeterd wäch?ide mout: da ist eine schadhafte Stelle in der Farbe, die ausgebessert werden muss. 5. Quetschung, Bluterguss, blauer Fleck: 5.1 hie häd ‘‘n blaue Stede an dä‘n Hoals : er hat einen Bluterguss am Halse. 5.2 sere Stede : wunde Stelle, Geschwür. 5.3 räie Stede : Stelle, an der die Haut abgeschürft ist. 6. Stellung, Beschäftigung: min Bruur häd ‘‘n Stede bee/ ‘‘n Sloachter ounnumen : mein Bruder hat eine Stelle bei einem Schlachter angenommen. 7. Dorf: Hiere Babe koom uut ‘‘n litje Stede in Pommern : ihr Vater stammte aus einem kleinen Dorf in Pommern. 8. Standort: Lage: dät Huus häd ‘‘n goude Stede : das Haus hat eine gute Lage, einen guten Standort. 9. Ort: an ju Stede häbe iek mie silläärge nit apheelden : an dem Ort habe ich mich niemals aufgehalten.

strämmerch

heiser, voller Schleim: ‘‘n strämmergen Hoals : eine raue, heisere Kehle.

Strap, -pe, die/dät

1. Schlinge: ‘n Strap uum dä‘n Hoals: eine Schlinge um den Hals. 2. Haarsträhne, Haarbüschel: hie hied naan Strap Hier(e) ap dä‘n Kop: er hatte keine einzige Haarsträhne auf dem Kopf.

Sukkerpot, -te, die

Zuckertopf, Zuckerdose: dä‘n koast du dä‘n Sukkerpot uum dä‘n Hoals hongje: der Mann ist gutgläubig, äußerst naiv.

tichttaie

1. zudrücken: 1.1 hie häd him dä‘n Hoals tichttaid : er hat ihn erwürgt. 1.2 die Pastoor häd ‘‘n Oge tichttaid un uus Oolden dät nit fertäld : der Pastor hat ein Auge zugedrückt und unseren Eltern das nicht erzählt.

trjou

1. treu, ehrlich. 2. zuverlässig. 3. zutraulich. 4. gehorsam, fügsam, zahm: ‘‘n trjouen Houngst : ein fügsames Pferd. 5. gutmütig, naiv, unbedarft, gutgläubig: 5.1 hie is tou trjou : er ist zu naiv. 5.2 trjou uutkiekje : ein Unschuldsgesicht aufsetzen. 5.3 hie is so trjou, du koast him mäd ‘‘n Mätwust dä‘n Hoals uutsniede : er ist so gutgläubig, du kannst ihm mit einer Mettwurst den Hals ausschneiden. 5.4 hie is ‘‘n ljowen Käärdel, man hie is daach ‘‘n Trjouen : er ist ein lieber Mensch, aber er ist doch ein Naivling. 6. langmütig, äußerst geduldich. 7. nachgiebig, nachsichtig. 8. demütig. 9. sanft, mild. [afrs. triûwe]

Tunge, -n, ju

1. Zunge: 1.1 hie häd ‘n fiene Tunge: er ist ein Feinschmecker. 1.2 mäd läzende Tunge bale: lispeln, murmeln, nuscheln. 1.3 ju Tunge uutstete: die Zunge herausstrecken. 1.4 (vulg.) uur ju Tunge kakje: sich erbrechen. 1.5 hie häd ‘n skäärpe Tunge: er ist scharfzüngig. 1.6 ju häd de Tunge goud löösd: sie hat ein gutes Redevermögen. 1.7 hie häd ‘n loze Tunge: er hat eine lockere Zunge, ist unvorsichtig im Reden. 1.8 dät paasjende Woud lait mie ap de Tunge: das passende Wort liegt mir auf der Zunge. 1.9 hie häd ‘n läipe Tunge: er hat eine böse Zunge. 1.10 iek häbe ju Tunge druuch in dä‘n Hoals: meine Kehle ist vom vielen Reden trocken. 2. Zunge eines Schuhs. Zunge einer Waage.

uum

1. um... herum: 1.1 wie sieten uum dä‘n Disk : wir saßen um den Tisch herum. 1.2 deer lapt aan bee/ him uum t Huus : er hat nicht alle Tassen im Schrank. 1.3 hie ron uum dä‘n Tuun (umetou) : er lief um den Garten herum. 2. genaue Zeitangabe: uum tjoon Úre : um zehn Uhr. 3. ungefähr: hie is uum do säkstich : er ist ungefähr sechzig Jahre alt. 4. gegen, für: 4.1 uum dä‘n Dood nit! : absolut nicht! 4.2 Ooch uum Ooch : Auge um Auge. 5. um: 5.1 hie kummert sik nargends uum : er kümmert sich um nichts. 5.2. iek bä‘n deer dul uum : ich bin deswegen böse. 6. zwecks; zum Zwecke der/des..: 6.1 iek fräigje uum Hälpe : ich bitte um Hilfe. 6.2 hie däd et deeruum : er tut es deswegen. 7. (Drückt einen Verlust aus.) hie is uum (dä‘n) Hoals kemen : er ist ums Leben gekommen. 8. vorbei, zu Ende: sien Tied is ume : seine Zeit ist zu Ende. 9. um... willen: hie häd dät Wucht uum dät Jeeld hilked. er hat das Mädchen um des Geldes willen geheiratet. 10. über: wie häbe uum sin Houd laached : wir haben über seinen Hut gelacht. 11. wegen: 11.1 wie sunt uum dä‘n Fierdai in Huus blieuwen : wir sind wegen des Feiertags zu Hause geblieben. 11.2 jo häbe sik uum dät Jeeld in de Wulle kriegen : sie haben sich wegen des Geldes zerstritten. 11.3 uum dä‘n Rien is hie in Huus blieuwen : wegen des Regens ist er zu Haus geblieben. 12. auf: hie häd niks uum t Lieuw : er hat nichts auf dem Leib.

woogje (a)

1. wagen, riskieren: 1.1 dät is nit tou woogjen : das Risiko, das Wagnis lohnt sich nicht. 1.2 woget hie dä‘n Sproang? : wagt er den Sprung? 1.3 die niks woget, die niks wint : nichts gewagt, nichts gewonnen. 1.4 hie woget Kop un Hoals foar uur Ljudene : er riskiert sein Leben für andere Menschen. 2. (+ sik) sich zutrauen, sich getrauen: 2.1 iek woogje mie dut Unnerniemen nit : ich traue mir dieses Unternehmen nicht zu. iek woogje mie nit, so ‘‘n Oarbaid tou beginnen : ich getraue mich/mir nicht, eine solche Arbeit zu beginnen. 2.3 jo woogje sik wier aneenuur: sie wagen sich wieder aneinander; sie haben sich nach einem Streit versöhnt.

bäätuurslo

hintenüber schlagen: wan dät Bäiden bäätuurslacht, dan kon et sik dä‘n Hoals breke : wenn das Kind hintenüber schlägt, dann kann es sich den Hals brechen.

Burenstede, -n, ju

Bauernstelle, Kleinbauernhof: hie häd ‘n hele Burenstede truch dä‘n Hoals joaged un do träi Mästen fon ‘n Skip: er hat eine ganze Bauernstelle und die drei Masten eines Schiffes versoffen.

dät

1. dass: du waast, dät iek kume : du weißt, dass ich komme. 2. so... dass; sodass: iek moaste deer so loange juun anbale, dät iek ju Tunge druuch in dä‘n Hoals hiede : ich musste so lange dagegen anreden, dass ich die Zunge trocken im Halse hatte. 3. damit: wie nieme two Äksen, dät wie dä‘n Boom gau deelkriege konnen : wir nehmen zwei Äxte, damit wir den Baum schnell fällen können. 4. weil: iek toachte, hie waas äärm, dät hie so gemeen ounleken waas : ich dachte, er sei arm, weil er so schäbig angezogen war.

dubbeld

1. doppelt, zweifach: dät Göitjen lait aal ap dubbelde Hoals : der ganze Stoff liegt durcheinander. 2. -fach: twäidubbeld, träidubbeld, fjauerdubbeld,... : zweifach, dreifach, vierfach,... 3. -schichtig: twäidubbeld, träidubbeld, fjauerdubbeld,... : zweischichtig, dreischichtig, vierschichtig...

ferskrieuwe

1. als Rezept verschreiben: die Dokter häd mie Fänkelhunich foar min Hoals ferskrieuwen : der Arzt hat mir Fenchelhonig für meinen Hals verschrieben. 2. vermachen, übereignen; das Eigentumsrecht übertragen: hie ferskreeuw do Bäidene älk fjautichduzend Rieksdoaler : er vermachte den Kindern je vierzigtausend Reichstaler. 3. (+ sik) falsch, verkehrt schreiben.

fersliemje

verschleimen: die Stoaf fersliemet mie dä‘n Hoals: der Staub verschleimt mir den Hals.

gierje

1. kreischen; laut, gellend aufschreien: hie gierde dät uut fon Piene : er schrie vor Schmerz aus vollem Halse. 2. (Flüssigkeit) brennen: die Sluk giert mie truch dä‘n Hoals as ‘‘n Struukbäizem : der Kornbranntwein brennt mir durch den Hals wie ein Strauchbesen. 3. knirschen, knarren: ju rusterge Dore gierde, as iek Hier epenmoakede : die rostige Tür knarrte, als ich sie aufmachte.

Habbekuuk, -kuke, die

1. Geizhals. 2. raffgieriger Mensch: dät is ‘‘n Habbekuuk – hie kon dä‘n Hoals nit ful kriege : das ist ein raffgieriger Mensch – er kann den Hals nicht voll bekommen. 3. jemand, der immer nur das Allerbeste haben will; ein äußerst anspruchsvoller Mensch. 4. Vielfraß, gieriger Esser.