Saterfriesisches Wörterbuch
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Nood, ju/die

1. Angst: 1.1 in ener Nood wäch?ch: ununterbrochen; in einem fort. 1.2 hie is fon Nood wäch?chronnen: er ist vor Angst weggelaufen. 1.3 ju häd deer Nood fóar: sie hat Angst davor. 1.4 die bliekjende Huund häd uus Nood ounjoaged: der bellende Hund hat uns Angst eingejagt. 1.5 iek siet oarich in Nood: ich saß in der Angst, hatte furchtbare Angst. 2. Geldnot: hie sit in Nood mäd sin Winkel: er ist mit seinem Geschäft in Geldschwierigkeiten geraten. 3. Not, Gefahr: 3.1 deer is neen Nood fon: davon geht keine Gefahr aus. 3.2 fon Nood : zwangsweise, notgedrungen: 3.2.1 hie moaste sien Buräi fon Nood ferkoopje : er musste seine Bauernstelle notgedrungen verkaufen. 3.3 dät häd neen Nood : das ist nicht gefährlich. 3.4 ook bee/ Nood un Dood stounde wie uus/ eenuur bee/ : auch in Not und im Angesicht des Todes stehen wir einander bei. 3.5 in Tied der Nood sunt do Noabere fuul wäch?id : in Notzeiten sind die Nachbarn viel wert. 4. Ehrfurcht, Respekt: 4.1 as litje Bäidene hieden wie aal Nood fóar do Koastere : als kleine Kinder hatten wir alle Ehrfurcht vor den Lehrern. 4.2 dät is neen Skoule, wan do Bäidene neen Nood fóar do Koastere häbe : das ist keine Schule, wenn die Kinder keinen Respekt vor den Lehrern haben. 5. Mühe: 5.1 wie häbe ju Brääch mäd nauer Nood kloor stoald : 5.1.1 wir haben die Brücke mit Mühe fertiggestellt. 5.1.2 wir haben die Brücke im letzten Augenblick, gerade zur rechten Zeit fertiggestellt.

Lid, do Liede, dät

1. Glied, Gliedmaße: ju Flöäte häd hie al langer unner do Liede: sein Rheuma ist chronisch. 2. Kettenglied. 3. S-förmiges Eisen zur Verbindung von zwei Ketten. 4. Augenlid. 5. Gelenk: min ierm is uut t Lid : mein Arm ist ausgerenkt. 6. Schlinge aus Pferdehaaren. 7. Reihe einer angetretenen Mannschaft: as Suldoat in t eerste Lid stounde : als Soldat in der ersten Reihe stehen. 8. Generation: fon do Foanbiwonere in Aastfräislound wuud kweden : dät eerste Lid die Dood, dät twäide ju Nood, dät träde dät Brood : von den Moorkolonisten in Ostfriesland wurde gesagt: „dem Ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot. “ 9. Handgelenk. 10. Verwandtschaftsgrad: dät eerste Lid : Brure un Sustere : Geschwister; dät twäide Lid : Nichten un Fäddere : Cousinen und Vettern; dät träde Lid : Nichten un Fädders Bäidene : die Kinder der Cousinen und Vettern.

nau

1. genau: 1.1 ju naue Tied : die genaue Uhrzeit. 1.2 dät mouten jie nit so nau nieme : das müsst ihr nicht so genau, so ernst nehmen. sparsam: hie gungt heel nau mäd sien Jeeld ume : er geht ganz sparsam mit seinem Geld um. gerade: 3.1 nau ap de Slootskaante : gerade am Grabenrand. 3.2 mäd Nau un Nood : gerade noch; mit knapper Not (eine Verballhornung des älteren mäd nauer Nood). 4. zuverlässig: hie is die Nauste fon aal do Timmerljude : er ist der Zuverlässigste unter den Zimmerleuten.

spoarje

1. sparen: 1.1 dät Häben kumt fon Spoarjen un Woarjen : Sparen und Wahren sichern/sichert den Besitz. 1.2 spoar in de Tied, dan hääst du wäch?t in de Nood : spare jetzt, dann hast du etwas in Zeiten der Not. 1.3 spoarjen, wan man wäch?t häd, un spoarjen, wan man niks häd, is aaltied Äärmoud : sparen, wenn man etwas hat, und sparen, wenn man nichts hat, ist immer Armut. 2. schonen: sjuch tou, dät du dien sere Been spoarst : siehe zu, dass du dein krankes Bein schonst. [afrs. sparia]

trilje

1. beben, zittern: 1.1 ju trilt fon Keelde : sie zittert vor Kälte. 1.2 do Bene trilje mie unner dä‘n Buuk : die Beine zittern mir unter dem Bauch. 1.3 iek kuud deer nit juun trilje, so koold waas et: ich zitterte unaufhörlich, so kalt war es. 1.4 do Bäidene trilden fon Nood: die Kinder zitterten vor Angst. 1.5 iek liech ap Bääd tou triljen, wiel iek so dieger Fäiwer hiede: ich lag im Bett und zitterte, weil ich so heftiges Fieber hatte. 1.6 ju trilt as ‘‘n Rääsk in ‘‘n Poul Woater : sie zittert wie eine Binse in einem Teich. 2. schlottern: mien Kniebele trilden, as iek dät Ruur saach : meine Knie schlotterten, als ich das Gewehr sah. 3. vor Kälte oder Schmerz prickeln: (unpersönlich) et trilde mie ap de Häid : es prickelte mir auf der Haut. [engl. thrill]

uutbrange

1. (Landwirtschaft) auf dem Acker verteilen: wie häbe jäärsene Mjuks ap dä‘n Äkker uutbroacht : wir haben gestern Mist auf den Acker verteilt. 2. (vom Schiff aus) ins Wasser bringen; zu Wasser lassen: wie broachten dä‘n swere Oanker uut : wir ließen den schweren Anker zu Wasser. 3. abliefern, verteilen: Geskoanke uutbrange : Geschenke verteilen. 4. (Ofen) ju Ääske uutbrange : die Asche ausräumen. 5. auf dem Markt verkaufen: in Bremen ap t Määrked kuud hie sien Weren goud uutbrange : in Bremen auf dem Markt konnte er seine Waren gut verkaufen. 6. äußern: hie kuud fon Nood niks moor uutbrange : er konnte vor Angst kein Wort mehr von sich geben. 7. austragen, zustellen: dät Seelter Blääd uutbrange : die saterfriesische Zeitung zustellen.

uutkume

1. auskommen, hinkommen mit: 1.1 mäd Moite un Nood bä‘n iek as Student mäd mien Jeeld uutkemen : mit Mühe und Not bin ich als Student mit meinem Geld ausgekommen. 1.2 kumt die Muurmon mäd do Stene noch uut? : kommt der Maurer mit den Steinen noch aus? 2. ausschlüpfen: do Sukene sunt uutkemen : die Küken sind ausgeschlüpft. 3. hervorkommen, herauskommen: hie kumt nit uut sik uut : er kommt nicht aus sich heraus, er ist sehr zurückhaltend, sehr verschlossen. 4. (Prophezeiung) sich erfüllen, eintreffen: 4.1 do koom dät uut, wäch?t Jesaja fóaruuttäld hiede : da erfüllte sich, was Jesaja vorausgesagt hatte. 4.2 die Fóarspouk is juust so uutkemen, as hie wikked häd : der Vorspuk ist genauso eingetroffen, wie er prophezeit hat . 5. (Kartenspiel) die Vorhand haben; als Erste(r) die Karten ausspielen: wäch?l kumt uut? : wer spielt an? 6. erscheinen: ‘‘n ‘näi Bouk uur ju fräiske Toal is uutkemen : ein neues Buch über die friesische Sprache ist erschienen. 7. umgehen: iek kon mäd Hier nit uutkume : ich kann mit ihr nicht umgehen. 8. bekannt werden: dät koom bee/ litjene uut : das wurde allmählich bekannt. 9. sich ereignen, sich entwickeln, sich treffen: 9.1 dät koom uurs uut, as wie ferwachted hieden/ferwachtjen wieren : das ereignete sich anders, als wir erwartet hatten. 9.2 et kumt goud uut, dät du Hier bääst : es trifft sich gut, dass du hier bist. 9.3 et kumt nit goud uut mäd do bee : sie sind sich nicht einig; sie verstehen sich nicht. 10. passen: din Wonsk kumt mie nit goud uut : dein Wunsch passt mir nicht recht. 11. stimmen: dät kumt nit uut : das stimmt nicht. 12. (Schach) einen Such tun: die Großmeister koom as Erster uut : der Großmeister tat den ersten Such. 13. entdeckt werden; ans Licht kommen: wie wielen dät stil hoolde, man et is daach uutkemen : wir wollten es geheim halten, aber es ist doch ans Licht gekommen. 14. sich herausstellen, sich ergeben: et is uutkemen, dät hie dä‘n Pries domoals daach nit wonnen häd : es hat sich herausgestellt, dass er den Preis damals doch nicht gewonnen hat. 15. mit jemandem fertig werden: wie mouten tousjo, dät wie mäd Hier uutkume : wir müssen zusehen, dass wir mit ihr fertig werden.

waistänne

mit letzter Kraft vollbringen, fertigstellen: wie häbe mäd Moite un Nood dä‘n ‘näie Staal waiständ : wir haben mit Mühe und Not den neuen Stall fertiggestellt.

aal, alle

1. alle, all: 1.1 jo häbe aal noch niks ieten : sie haben alle noch nichts gegessen. 1.2 aal, do deer wieren : die Anwesenden. 2. ganz: aal dät Lound stoant unner Woater : das ganze Land steht unter Wasser. 3. jeder, -e, -es einzelne: alle Dege, alle Mounde : jeden Tag, jeden Monat. 4. alles: 4.1 wie häbe et aal ape : wir haben keinen Vorrat mehr. 4.2 aal touhope : alles zusammengenommen. 4.3 aal, wäch?t iek die fertäld häbe : alles, was ich dir erzählt habe. 4.4 aal Mugelk : alles Mögliche: jo häbe aal Mugelk däin, uum dät Bäiden tou rädjen : sie haben alles Mögliche getan, um das Kind zu retten. 4.5 dät is loange nit aal : das ist längst nicht alles (es kommt noch etwas). 4.6 aal so wäch?t : solche und ähnliche Dinge; derlei Dinge: 4.6.1 aal so wäch?t frete do Broodbukke uut : solche und ähnliche unerlaubte Dinge tun die Halbstarken. 5. dät is aal so wäch?t, of... : es hängt davon ab, ob...: 5.1 dät is aal so wäch?t, of wie deer Tied foar häbe : es hängt davon ab, ob wir Zeit dafür haben. 6. aal sien Bääst : mit ganzer, mit aller Kraft: hie siet in Nood un ruup aal sien Bääst : er war in Not und (er) schrie mit ganzer Kraft, aus Leibeskräften.

mäd

1. mit: 1.1 hie kumt mäd fulle Foart : er kommt in/mit voller Fahrt. 1.2 mäd Fliet : absichtlich. 1.3 mäd aaln : mit alledem. 1.4 mäd naier Nood : mit knapper Not. 1.5 mäd Nau un Nood (= mäd nauer Nood) waikriege : etwas mit Mühe, Anstrengung in letzter Minute schaffen. 1.6 koast du mäd mie kume? : kannst du mit mir kommen? 1.7 mäd uus beeë‘n, träien, fjauern, fieuwen, säksen, sogen, oachten : mit uns beiden; unser drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht. 2. (bei Zeitausdrücken) in: 2.1 hie mout mäd fjautien Dege, mäd ‘‘n poor Dege deerwai fiere : er muss in vierzehn Tagen, in ein paar Tagen dahin fahren. 2.2 dälich mäd oa Dege : heute in acht Tagen. 2.3 hie skäl mäd fjauer Wieke kume : er wird in vier Wochen kommen. 3. mit Rücksicht auf, bei: 3.1 toank an do Woaterpoule mäd dien ‘näie Skoue! : denk an die Pfützen mit Rücksicht auf deine neuen Schuhe!. 3.2 pase ap mäd dien Ferkolleräi! : pass auf bei deiner Erkältung! 4. durch: mäd dät wäch?ite Weder koast du kroank wäch?ide : durch das nasse Wetter kannst du krank werden. 5. von: hie is Früünd mäd Peter : er ist ein Freund/ ein Verwandter von Peter.

Huushooldenge, -n, ju

1. Haushalt. 1.1 hie häd sien Huushooldenge in t Melöär, in Nood broacht : er hat seinen Haushalt ins Unglück, in Not gebracht. 1.2 ‘‘n smerige Huushooldenge : eine polnische Wirtschaft. 2. Familie. [wlfrs. húshâlding]

Hollound, dät

die Niederlande: nu is Hollound in Nood!: jetzt ist Holland in Not! (Ausdruck der Verzweiflung.)

fon

1. von; gibt einen räumlichen Ausgangspunkt an: 1.1 fon mie, die, sik, uus, jou, sik uut : meinerseits, deinerseits, seinerseits/ihrerseits, unsererseits, eurerseits, ihrerseits. 1.2 fon Huus gunge : das Haus verlassen. 1.3 fon bäten : von hinten. 1.4 wie lope fon Romelse ätter Strukelje in ‘‘n hoolwe Úre : wir laufen von Ramsloh nach Strücklingen in einer halben Stunde. 2. zur Bezeichnung von Herkunft, Ursprung oder Stoff: 2.1 die Hoalsdouk fon Siede waas wisse juur : der Seidenschal war gewiss teuer. 2.2 min Fädder kumt fon Oamde : mein Vetter kommt von/aus Emden. 2.3 fon Stoats Siede : seitens des Staates. 2.4 fon sin Foar häd hie dät Lound äärwd : von seinem Vater hat er das Land geerbt. 3. zur Bezeichnung eines zeitlichen Ausgangspunkts: 3.1 dusse Ljude kanne iek fon mien Bäidenstied ap an : diese Leute kenne ich seit meiner Kindheit. 3.2 fon Sundai an : von Sonntag an, ab Sonntag. 4. zur Bezeichnung der gegenwärtigen oder vergangenen Jahreszeit: fon t Winter, Sumer, Häärst, Foarjier : diesen/vergangenen Winter, Sommer, Herbst, Frühling. 5. zur Bezeichnung der Ursache für ein Ereignis: hie is fon Nood wäch?chronnen : er ist vor Angst weggelaufen. 6. zur Bezeichnung der Menge, von der der genannte Teil stammt: twäin fon do Deelniemere sunt ap t Skip kroank wuden : zwei der Teilnehmer sind auf dem Schiff krank geworden. 7. gibt das für das genannte Einzelstück oder die genannte Person Typische an: iek beduurje do äärme Bloudere fon Bäidene : ich bedaure die armen Würmer von Kindern. 8. gibt den Zustand der Trennung oder Loslösung an: do Takken fon dä‘n Boom Sniede : die Äste von dem Baum schneiden. 9. nach mene, kwede vor jee, noa oder wäch?il/wül : kumt hie mäiden bee/ uus? : kommt er morgen zu uns? – iek mene fon wäch?il, fon jee : ich meine wohl, ich meine ja. 10. in festen Verbindungen: 10.1 dät häbe iek nooit fon die beweerd : das habe ich nie von dir behauptet. 10.2 iek kon bloot fon dä‘n Mon kwede, hie skuul uus uut dä‘n Wai gunge : ich kann nur von dem Mann sagen, er sollte uns aus dem Wege gehen.

Dood, die

1. Tod: 1.1 dät nimt ‘n sinnigen Dood: das gerät langsam in Vergessenheit. das wird keine unangenehmen Folgen haben. 1.2 iek sitte Hier ap dä‘n Dood tou teeuwen : ich sitze hier und warte auf den Tod. 1.3 bee/ Nood un Dood stounde wie eenuur bee/ : in Notund Todesfällen stehen wir einander bei. 1.4 deer sit die Dood an fääst : das Leiden ist unheilbar. 1.5 hie häd et juust fóar dä‘n Dood hoald : er ist dem Tode knapp entronnen. 1.6 hie is dä‘n Dood fon de Skuppe sproangen : er ist dem Tode von der Schippe gesprungen, ist dem Tode knapp entronnen. 1.7 hie is mäd dä‘n Dood tougoang : er liegt im Sterben. 1.8 hie lait ap dä‘n Dood : er liegt im Sterben. 1.8 dät is neen Kroankhaid toun Dood : es ist keine tödliche Krankheit. 1.9 tou Dode kume : sterben; ums Leben kommen. 1.10 dät skäl uum dä‘n Dood nit passierje : das wird auf gar keinen Fall passieren. 1.11 wan man dä‘n Dood koopje kude, dan stoorwen bloot do Äärme : wenn man den Tod kaufen könnte, dann stürben nur die Armen.

bewierkje

bewirken; verursachen, herbeiführen: die Twäärsstoarm häd fuul Nood bewierked : der Wirbelsturm hat viel Angst verursacht.

ankonne

1. sich gegen jemanden oder etwas durchsetzen: hie kuud juun sin Bruur nit an : er konnte sich gegen seinen Bruder nicht durchsetzen. 2. bewältigen: hie kon ju Oarbaid wäch?il an : er kann die Arbeit wohl bewältigen. 3. sich verlassen auf: du koast ap sien Hälpe an : du kannst dich auf seine Hilfe verlassen. 4. ‘nötig haben: hie kon sien Jeeld wäch?il/wül an : er hat viel Geld ‘nötig. 5. jemandem überlegen sein, jemanden besiegen können: iek häbe neen Nood fóar him; iek kon him wäch?il an : ich habe keine Angst vor ihm; ich bin ihm überlegen.

noodsloachtje

notschlachten.

noodlottich

unheilvoll. [wlfrs. needlottich]

noodsekelk

notwendig. [wlfrs. needsaaklik ]

noodriep

1. (Getreide) vorzeitig reif, ohne ausgewachsen zu sein: 1.1 dät Koardel is noodriep, wan een Deel eer riep is as die uur : das Getreide ist notreif, wenn ein Teil davon früher reif ist als der übrige. 2. (Obst, Gemüse) zu früh reif: noodriepe Ap(p)ele sunt maasttieds suur un häd : notreife Äpfel sind meistens sauer und hart.

Noodsäärke, -n, ju

Notkirche.

Noodgrosken, -e, die

Notpfennig.

Noodsproang, -e, die

verzweifelter Versuch, sich vor einer schwierigen Situation zu retten.

Nooddepenge, -n, ju

Nottaufe.

Noodhälper, -e, die

Arbeiter, der in der Not aushilft.