Saterfriesisches Wörterbuch
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Stede, -n, ju

1. Stelle, Stätte: 1.1 ap de Stede: plötzlich, sofort; auf der Stelle. 1.2 die Houngst bleeuw ap de Stede stounden: das Pferd blieb plötzlich stehen. 1.3 hie häd n Stede in Húus, wier hie oarbai(d)je kon: er hat eine Stelle im Haus, wo er arbeiten kann. 1.4 nit fon/uut ju Stede kume: nicht von der Stelle kommen; nicht vorwärts kommen. 1.5 alles is nu ap Stede: alles ist jetzt in Ordnung. 1.6 wie kume nit fon ju Stede mäd uus Oarbaid, wan dät Weder so blift: wir kommen nicht von der Stelle mit unserer Arbeit, wenn das Wetter so bleibt. 1.7 gunge n bitje uut de Stede: gehe ein bisschen beiseite. 1.8 ap Stede hoolde: instand halten. 1.9 ap Stede kume: in Ordnung gehen. 1.10 ap Stede moakje, brange: aufräumen. 1.11 n Rekenge ap Stede moakje: eine Rechnung begleichen. 1.12 hie mai Líeuwer ap Stede nit liede: er mag Leber absolut nicht leiden. 1.13 do Stoule mouten ap Stede sät wäide: die Stühle müssen auf den richtigen Platz gesetzt werden. 1.14 hie kon niks oarntlik fon de Stede sätte: er kann nichts ordentlich ausführen, durchführen. 2. Bauernhof, Bauernstelle: 2.1 min Fädder häd n flugge, grote Stede: mein Vetter hat einen schönen, großen Bauernhof. 2.2 hie hilket ju Stede un nit dät Wieuw: er heiratet aus Habgier und nicht aus Liebe. 2.3 fon de Stede moute: den Bauernhof wegen Überschuldung verlassen müssen. 3. Grundstück, Baugrundstück: hie häd noch neen Stede fúunden, wier hie baue kon: er hat noch kein Grundstück gefunden, wo er bauen kann. 4. schadhafte Stelle, Kratzer: deer is n Stede in ju Fave, ju uutbeterd wäide mout: da ist eine schadhafte Stelle in der Farbe, die ausgebessert werden muss. 5. Quetschung, Bluterguss, blauer Fleck: 5.1 hie häd n blaue Stede an dän Hoals : er hat einen Bluterguss am Halse. 5.2 sere Stede : wunde Stelle, Geschwür. 5.3 räie Stede : Stelle, an der die Haut abgeschürft ist. 6. Stellung, Beschäftigung: min Brúur häd n Stede bie n Sloachter ounnúmen : mein Bruder hat eine Stelle bei einem Schlachter angenommen. 7. Dorf: hiere Babe koom uut n litje Stede in Pommern : ihr Vater stammte aus einem kleinen Dorf in Pommern. 8. Standort: Lage: dät Húus häd n goude Stede : das Haus hat eine gute Lage, einen guten Standort. 9. Ort: an ju Stede häbe iek mie silläärge nit apheelden : an dem Ort habe ich mich niemals aufgehalten.

Stääd, do Stede(n), ju

Stadt: ook in oolden Tieden fúren do Seelter oafte ätter do Steden Ait un Líer wai: auch in alten Zeiten fuhren die Saterfriesen häufig nach den Städten Friesoythe und Leer.

anhoolde

1. anhalten: 1.1 n Woain anhoolde : einen Wagen anhalten. 1.2 mäd do Woude anhoolde : stottern. 2. anbehalten: hie häd sin Moantel anheelden : er hat seinen Mantel anbehalten. 3. bitten (um): hie hielt mie uum Jeeld an : er bat mich um Geld. 4. sich bewerben: hie hielt uum ju Stede an : er bewarb sich um die Stelle. 5. dringen (auf): hie hoaldt ap n Gespräk mäd uus an : er dringt auf ein Gespräch mit uns. 6. ansprechen (auf): hie hielt mie uum dän näie Woain an : er sprach mich auf den neuen Wagen an. 7. zu etwas erziehen, anleiten: iek häbe him deer tou anheelden, beter tou skrieuwen : ich habe ihn dazu angeleitet, besser zu schreiben. 8. Station machen: hier wollen wie so loange anhoolde : hier wollen wir so lange Station machen. 9. werben um: hie hoaldt al two Jíere um dät Wucht an : er wirbt schon zwei Jahre um das Mädchen.

anskrieuwe

1. an eine für andere sichtbare Stelle schreiben: ju Jufferske skreeuw do Nomen an de grote Laie : die Lehrerin schrieb die Namen an die Wandtafel. 2. einen Geldbetrag, den jemand schuldig bleibt, für spätere Bezahlung notieren: n Koopmon, die alles anskrieuwe lät, kon sin Winkel boalde ferjete : ein Kaufmann, der alles anschreiben lässt, kann seinen Laden bald vergessen. 3. buchen, eintragen. 4. den Predigttext und die Nummern der Lieder an die Kirchentafel(n) schreiben oder heften: die Koaster is deerap ferjeten, do Läidere antouskrieuwen : der Küster hat vergessen, die Lieder an die Tafeln anzuschreiben. 5. sich schriftlich bewerben bei: hie häd dän Timmerboas uum ju Stede anskríeuwen : er hat sich bei dem Zimmermeister um die Stelle beworben. 6. das Aufgebot für die Eheschließung bestellen: 6.1 dät junge Poor häd sik anskrieuwe lät/läiten : das junge Paar hat das Aufgebot für die Eheschließung bestellt. 7. goud anskríeuwen : geachtet, angesehen.

anstete

1. anstoßen. 2. anstechen: do Ap(p)ele sunt fon do Wurme anstat : die Äpfel sind wurmstichig. 3. anzapfen: n Fät Bjoor anstete : ein Fass Bier anzapfen. 4. kurz husten. 5. anlässlich eines besonderen Ereignisses sich gegenseitig zuprosten: wie häbe ap sien näie Stede anstat/ansteten : wir haben auf seine neue Stelle angestoßen.

ap

1. (räumlich – bezeichnet die Lage) auf: wie sieten alle bee ap dän Boank : wir saßen alle beide auf der Bank. 2. (zur Angabe der Richtung) auf: 2.1 dät krigst du aaltied wier ap t Brood laid : das wird dir immer wieder vorgeworfen. 2.2 die Pot kumt ap t Fjúur : der Topf kommt aufs Feuer. 3. in: do Bäidene ap Bääd brange/moakje : die Kinder ins Bett bringen. in Zeitangaben: 4.1 do Pakete sunt ap dän eerste(n) Junie kemen : die Pakete sind am ersten Juni gekommen. 4.2 wie wollen ap Tied deer weze : wir wollen rechtzeitig da sein. 5. (bezeichnet den Abstand) auf: du koast him ap hundert Meter kanne : du kannst ihn auf hundert Meter erkennen. 6. (zur Angabe der Art und Weise) auf: ju boalde mäd uus ap Seeltersk : sie sprach mit uns auf Saterfriesisch. 7. (zur Angabe der Zeitspanne) auf: wie skällen ap langere Tied mäd dän Húusbau tougoang weze : wir werden auf längere Zeit mit dem Hausbau beschäftigt sein. 8. (zur Angabe des Ziels, des Zwecks oder des Wunsches) auf: wie wollen ap dien Gesúundigaid drinke : wir wollen auf deine Gesundheit trinken. 9. (zur Angabe des Grundes) auf: ap n häd Woud fon uus Babe häbe wie Wäänte apheelden mäd n Slingerlappe ap do Spräien tou skjoten : auf ein hartes Wort von unserem Vater haben wir Jungs aufgehört, mit einer Schleuder auf die Sperlinge zu schießen. 10. nach: jo kregen dät ene Bäiden ap t uur : sie bekamen ein Kind nach dem anderen. 11. (für Kleinstädte, Dörfer, Siedlungen und unkultivierte Landstriche am Rande oder außerhalb des Saterlandes) in: hie woont ap Feen (Rhauderfehn) , ap Klaaster (Bokelesch), ap Hollenerfoan (Hollenermoor), aber in de/inne Bround (Hollenbrand), in Baaljene (Bollingen), in Skäddel (Scharrel) ; in Romelse (Ramsloh) , in/ap Sedelsbíerig (Sedelsberg), ap Aasterfeen (Ostrhauderfehn) , ap Wästerfeen (Westrhauderfehn); ap dän hoge Foan (auf dem Hochmoor), ap Näiwaal (Neuwall), ap Färmesound (Fermesand). 12. um zeitliche Nähe auszudrücken: hie lait ap t Stíerven : er liegt im Sterben. 13. in idiomatisch-phraseologischer Abhängigkeit von anderen Wörtern: 13.1 teeuwe ap : warten auf. 13.2 fertrjouje ap : vertrauen auf. 13.3 hoopje ap : hoffen auf. 13.4 stolt ap : stolz auf. 14. zur Bildung des Superlativs: 14.1 wie häbe dän Komer ap t ruugste ap Stede moaked : wir haben das Zimmer aufs gröbste in Ordnung gebracht. 14.2 do Suldoaten wuden ap t uterste kwäld : die Soldaten wurden aufs äußerste gefoltert. 15. per: do Tuvvelke sunt tjoon Cent jurrer ap t Púund : die Kartoffeln sind zehn Cent teurer per Pfund. 16. in Richtung: ap... an: hie is ap Ooldenbúrig an: er fährt in Richtung Oldenburg. 17. auf... zu: ap... deel: 17.1 do Húunde kemen ap mie deel: die Hunde kamen auf mich zu. 18. in Richtung: ap... ou: 18.1 wie ronnen ap dän Busk ou: wir liefen in Richtung des Waldes. 19. auf... zu: ap... tou: 19.1 jo fúren ap de Määlne tou: sie fuhren auf die Mühle zu. 20. nach: ap... tou : 20.1 iek mout ap Romelse tou : ich muss nach Ramsloh. (Hier geht es meist um ein wichtiges Geschäft, das nur am Zielort erledigt werden kann.) 21. in Richtung auf, nach: ap... wai : 21.1 ap Bremen wai : nach Bremen, auf Bremen hin. 22. an: ap n Sundai : an einem Sonntag. 23. bei einer Tätigkeit: ap Boskup : beim Einkaufen. 24. gegen: ap... juun : deer häbe iek niks ap juun : dagegen habe ich nichts.

apkloorje

1. (Himmel, Wetter, Gesicht) sich aufklären, sich aufheitern, wolkenlos werden: 1.1 ju Lucht kloort ap : der Himmel klärt sich auf. 1.2 as ju dusse Ättergjucht kreeg, kloorde hiere Gezicht wier ap : als sie diese Nachricht erhielt, klärte sich ihr Gesicht wieder auf. 2. (Flüssigkeit) klar, hell(er) werden: dät Woater is an ju Stede wier apkloord : das Wasser ist an der Stelle wieder klar geworden.

apweekje

1. weich werden (is): an dusse Stede is ju Grúunde truch dän Froast apweked : an dieser Stelle ist der Boden durch den Frost weich geworden. 2. durch Feuchtigkeit weich machen: die Rien weket ju Gräid ap : der Regen macht den Rasen weich.

ättersäike

1. sich bewerben: ju Fauene soachte uum ju Stede ätter : das Dienstmädchen bewarb sich um die Stelle. 2. nachsuchen; intensiv nach etwas suchen.

bäätinneweze

1. hinterher sein; auf etwas aus sein; auf etwas versessen sein: hie is bäte dusse Stede inne : er ist auf diese Stelle versessen. 2. einer Tätigkeit mit großem Fleiß nachgehen: hie is bäte dän Aden inne : er ist fleißig bei der Ernte. 3. sich intensiv mit etwas beschäftigen: hie is bäte ju Kunstmoaleräi inne : er beschäftigt sich mit Malerei.

bihilkje

durch Heirat erwerben: hie häd n grote Stede bihilked : er hat einen großen Bauernhof durch Heirat erworben.

birekenje

1. berechnen: 1.1 die Smid häd mie do Jole twäie birekend : der Schmied hat mir die Räder zweimal berechnet. 2. vorsehen; zu einem bestimmten Zweck einsetzen oder verwenden wollen: mien Suster is foar dusse Stede birekend : meine Schwester ist für diese Stelle vorgesehen.

blubberje

1. sprudeln, brodeln: 1.1 an ju Stede blubberde Woater uut ju Grúunde : an der Stelle sprudelte Wasser aus dem Boden. 1.2 dät Teewoater blubbert in dän Setel : das Teewasser brodelt in dem Kessel. 2. (Flüssigkeit) blubbern; dumpf platzende Blasen werfen: die Koafje in dän Pot fäng oun tou blubberjen : der Kaffee in dem Topf fing an zu blubbern. 3. ein glucksendes Geräusch machen; gluckern: die Wien blubbert in do Síelike oun : der Wein gluckert in die Kelche hinein.

Bums, do Bumze, die

1. Knall, Explosion; Puff, Schlag: 1.1 mäd n Bums floog alles tou de Lucht ien: mit einem Knall flog alles in die Luft. 1.2 in aan Bums: alle zusammen. 2. ein Schlag, der eine Schramme oder eine Beule verursacht. 3. schwerer Fall oder Sturz. 4. Stoß, Erschütterung, Zusammenprall; Zusammenstoß, Aufprall: dät Skip fúur juun n Dukdalve, un dan roate et n gouden Bums: das Schiff fuhr gegen eine Duckdalbe, und es gab eine starke Erschütterung. 5. Zuckerbonbon; kleine Süßigkeit. 6. Schallwort, um einen Schlag oder den plötzlichen Fall eines schweren Gegenstandes zu bezeichnen: Bums ap de Stede!: sofort!

deelläite

1. hinunterlassen: wie lieten dän Ommer in dän Sood deel : wir ließen den Eimer in den Brunnen hinunter. 2. herunterlassen: wie häbe do bee Knäächte bidded, do Säkke deeltouläiten : wir haben die beiden Knechte gebeten, die Säcke herunterzulassen. 3. (+ sik) niederlassen: dan häbe jo sik in de Krume Häidene deellät/deelläiten : dann haben sie sich in der Krummhörn niedergelassen. 2. (+ sik) sich hinsetzen, sich hinlegen: iek kuud neen Stede fíende, wier iek mie deelläite kude : ich konnte keine Stelle finden, wo ich mich hinlegen konnte.

deer

1. da. 1.1 deer ap de/appe Naite : dort in der Nähe. 1.2 deer weze : anwesend sein. 1.3 deer mee bie weze : mit von der Partie sein. 1.4 nit deer : abwesend. 1.5 deer wier : wieder da (nd.Wortstellung). 1.6 heel deer : hellwach. 1.7 hie is nit heel deer : er ist gaga, senil, nicht ganz dicht. 1.8 deer herume : dort in der Gegend. 1.9 deer junner : dort drüben. 1.10 deer so : da selbst; dort an Ort und Stelle. 1.11 et is noch deer antou : es geht darum. 2. wo: dät is ju Stede, deer (veraltet – heute: wier) iek dät fúunden häbe : das ist die Stelle, wo ich das gefunden habe.

dele

1. teilen. 2. teilen, dividieren: fjauer deeld truch two is two : vier geteilt durch zwei ist zwei. 3. (+ sik) sich teilen: die Dom deelt sik an dusse Stede : der Weg teilt sich an dieser Stelle.

epen

1. offen: 1.1 n epen Been : ein infolge einer Venenentzündung offenes Bein. 1.2 epen Húus häbe/hoolde : gastfreundlich sein; gerne Gäste empfangen. 1.3 epen Lieuw : Stuhlgang: iek häbe neen epen Lieuw : ich bin verstopft. 1.4 epene Stede : offene Stelle im Eis über einem Kolk oder bei Tauwetter. 1.5 epene Hounde häbe : großzügig sein. 1.6 epen mäd do Woude weze : aufrichtig, offen sein. 1.7 dät epene Woater : das offene Meer. 1.8 epene Bräif : Urkunde. 2. alleinstehend auf offener Fläche; der Sonne und dem Wind völlig ausgesetzt: uus Húus stoant epen un fräi : unser Haus steht allein auf offener Fläche. 3. frostfrei: epen Weder : frostfreies Wetter. 4. als trennbarer Verbzusatz: epenbreke, ependwo, epengunge,... : aufbrechen, aufmachen, aufgehen,...

epenklappe

1. aufklappen: uus Mäme klapte dät Bouk epen un foont ju Stede : unsere Mutter klappte das Buch auf und fand die Stelle. klaffen: ju Wúunde ap sin Íerm klapt epen : auf seinem Arm klafft eine offene Wunde.

fälle

füllen: dät fält ook n Stede : das füllt auch eine Stelle. (Wenn man schon viel gegessen hat und doch eine letzte kleine Portion zu sich nimmt, sagt man: „Jee, goud, dät fält ook n Stede“: „Na gut, das füllt auch eine Stelle.“)

ferkume

1. verkommen: 1.1 in Släip ferkume : schlafwandeln, mondsüchtig sein. 1.2 durch Hunger und Elend abmagern: dät Bäiden is ferkemen : das Kind ist abgemagert. 2. schlecht behandeln; unordentlich mit etwas umgehen; verschlampen lassen, verwahrlosen lassen: ju liet hiere Klodere ferkume : sie ließ ihre Kleider verschlampen. 3. sich irren; in Verwirrung geraten; sich irgendwo nicht zurechtfinden können: 3.1 hie is deeroun ferkemen : er hat sich in der Angelegenheit geirrt. 3.2 iek bän heel ferkemen, dan iek kon ju Stede nit moor fíende : ich bin in Verwirrung geraten, denn ich kann die Stelle nicht mehr finden.

ferläiten

öde, verlassen: n ferläitene Stede : ein verlassener Ort.

ferlope

1. verlaufen; in einer bestimmten Weise ablaufen (is): die Eeuwend is rauelk ferronnen: der Abend ist ruhig verlaufen. (+ sik) sich zu Fuß verirren; sich verlaufen: in so n tjuusterg Holt koast du die mäkkelk ferlope : in so einem dunklen Wald kannst du dich leicht verlaufen. 3. verlassen: hie moaste sien Stede ferlope : er musste seine Bauernstelle verlassen.

ferminnerje

verkleinern: hie häd sien Stede ferminnerd : er hat seine Bauernstelle verkleinert.

feroidelje

durch unkluge und/oder unüberlegte finanzielle Machenschaften herunterwirtschaften, zugrunde richten: hie häd sien Stede heel ferranted un feroideld : er hat seinen Bauernhof ruiniert.