Saterfriesisches Wörterbuch
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fon

1. von; gibt einen räumlichen Ausgangspunkt an: 1.1 fon mie, die, sik, uus, jou, sik uut : meinerseits, deinerseits, seinerseits/ihrerseits, unsererseits, eurerseits, ihrerseits. 1.2 fon Huus gunge : das Haus verlassen. 1.3 fon bäten : von hinten. 1.4 wie lope fon Romelse ätter Strukelje in ‘‘n hoolwe Úre : wir laufen von Ramsloh nach Strücklingen in einer halben Stunde. 2. zur Bezeichnung von Herkunft, Ursprung oder Stoff: 2.1 die Hoalsdouk fon Siede waas wisse juur : der Seidenschal war gewiss teuer. 2.2 min Fädder kumt fon Oamde : mein Vetter kommt von/aus Emden. 2.3 fon Stoats Siede : seitens des Staates. 2.4 fon sin Foar häd hie dät Lound äärwd : von seinem Vater hat er das Land geerbt. 3. zur Bezeichnung eines zeitlichen Ausgangspunkts: 3.1 dusse Ljude kanne iek fon mien Bäidenstied ap an : diese Leute kenne ich seit meiner Kindheit. 3.2 fon Sundai an : von Sonntag an, ab Sonntag. 4. zur Bezeichnung der gegenwärtigen oder vergangenen Jahreszeit: fon t Winter, Sumer, Häärst, Foarjier : diesen/vergangenen Winter, Sommer, Herbst, Frühling. 5. zur Bezeichnung der Ursache für ein Ereignis: hie is fon Nood wäch?chronnen : er ist vor Angst weggelaufen. 6. zur Bezeichnung der Menge, von der der genannte Teil stammt: twäin fon do Deelniemere sunt ap t Skip kroank wuden : zwei der Teilnehmer sind auf dem Schiff krank geworden. 7. gibt das für das genannte Einzelstück oder die genannte Person Typische an: iek beduurje do äärme Bloudere fon Bäidene : ich bedaure die armen Würmer von Kindern. 8. gibt den Zustand der Trennung oder Loslösung an: do Takken fon dä‘n Boom Sniede : die Äste von dem Baum schneiden. 9. nach mene, kwede vor jee, noa oder wäch?il/wül : kumt hie mäiden bee/ uus? : kommt er morgen zu uns? – iek mene fon wäch?il, fon jee : ich meine wohl, ich meine ja. 10. in festen Verbindungen: 10.1 dät häbe iek nooit fon die beweerd : das habe ich nie von dir behauptet. 10.2 iek kon bloot fon dä‘n Mon kwede, hie skuul uus uut dä‘n Wai gunge : ich kann nur von dem Mann sagen, er sollte uns aus dem Wege gehen.

Gjuchts waine, fon

von Rechts wegen: dät Lound stuud him fon Gjuchts waine tou : das Land stand ihm von Rechts wegen zu.

Bielde, -n, ju

1. Bild, Gemälde: 1.1 dät waas ‘n Wucht as ‘n Bielde!: das war ein bildhübsches Mädchen! 1.2 deer kon man sik neen Bielde fon moakje: man kann sich das gar nicht vorstellen. Foto: hie liet ‘‘n Bielde fon sik moakje : er ließ sich fotografieren. 3. Szene: in de twäide Bielde fon dä‘n läästen Bedrieuw : in der zweiten Szene des letzen Aktes.

deerfon, deer... fon

1. davon: 1.1 wie kume mäiden, man uus Mäme weet deer niks fon : wir kommen morgen, aber unsere Mutter weiß nichts davon. 1.2 daher; aus diesem Grunde: deerfon kumt ju Süükte : daher kommt die Seuche. 1.3 dät hääst (du) deerfon! : das ist die unangenehme Folge davon! 1.4 niks deerfon! : es ist ganz anders; es ist gar nicht so! 1.5 deer wollen wie wäch?t fon moakje: daraus wollen wir eine besondere Angelegenheit, eine Feier machen. 1.6 deer wäch?dt niks fon!: 1.6.1 auf gar keinen Fall! 1.6.2 daraus wird nichts!

Dook, die

1. Nebel: 1.1 tjuk fon Dook: sehr neblig. die Dook krjupt uur dä‘n Gruund : der Nebel kriecht über den Boden (= es gibt Bodennebel). die Dook lukt ap : der Nebel zieht auf. 1.4 die Dook sät sik ap: es entwickelt sich Höhennebel. 2. Tau: die Dook lait sweer ap dät Gäärs : der Tau liegt schwer auf dem Gras.

Fjodendeel, dät

1. Viertel; der vierte Teil: 1.1 ‘n Fjodendeel fon t Pound heert do Bäidene: ein Viertel des Grundstücks gehört den Kindern.: zu Vierteln verkaufen. 1.3 een Fjodendeel: ein Viertelpfund. 1.4 een Fjodendeel ful: ein Viertel voll. 1.4 dät Kolich mout in Fjodendele ouhoald wäch?ide: das Kalb muss in Vierteln aus der Gebärmutter herausgeschnitten werden. 2. Mondphasen: eerste, lääste Fjodendeel: erstes, letztes Mondviertel.

Haildeel, -dele, die / dät

1. Hälfte. 1.1 die Haildeel fon dät Lound mout foar de Hiere wäch?ch: das Land wird für die Hälfte des Ertrages verpachtet. tou dä‘n/uum dä‘n Haildeel : zur Hälfte/um die Hälfte. 1.3 wie betoalje älk dä‘n Haildeel. wir bezahlen je die Hälfte. [afrs. halfdêl ]

Hatte, ju

1. Hitze: 1.1 bee/ dusse Hatte smoaket dät woorme Íeten nit: bei dieser Hitze schmeckt das warme Essen nicht. 1.2 do Rouke fale fon Hatte/Druuchte uut do Bome: wegen der Hitze/der Trockenheit fallen die Krähen aus den Bäumen. Eifer: ju Hatte is deero(a)we : der Eifer hat nachgelassen.

Huus, do Huze, dät

1. Haus: 1.1 wie häbe Huus bee/ Huus dät Bäiden soacht: wir haben von Haus zu Haus das Kind gesucht. 1.2 hie häd Huus un Ho(a)f ferspield: er hat Haus und Hof (seinen ganzen Besitz) verspielt. 1.3 wie wieren aal in Huus: wir waren alle zu Hause. 1.4 Huus ap dä‘n Boolke, Ladere in dä‘n Sood: Haus auf dem Dachboden, Leiter im Brunnen. (Teil einer Hochzeitseinladung, die zur völligen Absicherung des Hausrats auffordert, damit alle Familienmitglieder zur Hochzeit gehen können.) 1.5 epen Huus: historisches saterfriesisches Bauernhaus ohne Schornstein. 1.6 fon Huus uut: 1.6.1 von der Familie her. 1.6.2 eigentlich, ursprünglich. 1.6.3 seit jeher; von Natur aus. 1.7 in Huus : zu Hause. 1.8 ätter Huus wai fiere : nach Hause fahren. 1.9 bee/ do Huze lope : 1.9.1 von Haus zu Haus laufen. 1.9.2 hausieren gehen. 1.10 bee/ + mie, die, him/hier, uus, jou, him + in Huus : in meiner, deiner, seiner, ihrer, unserer, eurer, ihrer Familie. 1.11 aan dät Huus ferbjode : jemanden aus dem Hause verbannen; jemandem Hausverbot erteilen. 1.12 deer lapt aan bee/ him uum t Huus tou : es läuft jemand bei ihm ums Haus herum (= er hat nicht alle Tassen im Schrank). 1.13 hie gungt mäd Were bee/ do Huze : er hausiert. 1.14 hie häd mie dät Huus tou litjet moaked : er hat spektakelt, viel Aufhebens gemacht. 1.15 wie genen bee/ do Huze bieloangs : wir gingen von Haus zu Haus. 1.16 ju häd wäch?t in Huus broacht : sie hat ein uneheliches Kind geboren. 1.17 et is beter in ‘‘n oold Huus as buppe ap ‘‘n ‘näi : es ist besser in einem alten Haus als oben auf einem neuen. 18. siet ju kroank is, is ju an t Huus buunden : seit sie krank ist, ist sie ans Haus gebunden. 1.19 tou t Huus uut! : raus aus dem Haus! 1.20 Wier kumt hie uut Huus? : 1.20.1 wo kommt er her? 1.20.2 aus welcher Familie stammt er? 1.21 ‘‘n Bäiden uut Huus seende : ein Kind aus dem Hause schicken, damit es seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann. 1.22 hie häd ‘‘n Huus ful Bäidene : er hat ein Haus voller Kinder. 2. Gebärmutter der Kuh. 3. Öhr einer Axt oder eines Beils. 4. Schaufeltülle. 5. Axthaube.

Leder, dät

1. Leder: 1.1 fon uur Ljudens Leder lät sik goud Gjomen sniede: von anderer Leute Leder lässt sich gut Riemen schneiden. 1.2. fon Leder luke: 1.2.1 prahlen, angeben. 1.2.2 eine Reihe von Runden in der Wirtschaft bezahlen.

Nome, -n, die

1. Name: 1.1 bee/ Nome namme, roupe: beim Namen nennen, rufen; etwas Negatives unbeschönigt darstellen. 1.2 in Nome fon dä‘n Burenfoogd: im Namen des Bezirksvorstehers. Ruf, Leumund: hie häd naan gouden Nome : er hat einen schlechten Ruf. 3. Unterschrift: du moast din Nome unner dä‘n Bräif sätte : du musst deine Unterschrift unter den Brief setzen.

uurlope (a)

1. überlaufen, überfließen; über den Rand des Behälters laufen ju Wonne lopt/lapt uur : die Wanne läuft über. him is die Kop deerbie uurronnen : er ist wütend geworden. 1.3 wier dät Haat fon ful is, deer lapt ju Mule fon uur: wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund über: (M. Luther: Sendbrief vom Dolmetschen ). 1.4 bit Uurlopen ful: bis zum Überlaufen voll. 1.5 ju Moalk lapt uur: die Milch fließt über. 1.6 deer lopt mie ju Mule fon uur: ich kann nicht genug davon sagen, erzählen. 2. überstehen, überleben: die Buur liet dät ene Kolich uurlope, dan hie wüül et grootmoakje: der Bauer ließ das eine Kalb überleben, denn er wollte es großziehen. 3. von der Deckung befreien: wie läite dusse Ku foar ‘n kute Tied uurlope: wir befreien diese Kuh für eine kurze Zeit von der Deckung. 3. (Kuh) nicht trächtig werden. (Eine Kuh, die nach dem Besuch beim Stier nicht trächtig, aber auch nicht wieder brünstich wird, lapt uur.) 4. (Kuh) beim Kalben ein Jahr überspringen: ju Ku is fergeen Jier uurronnen : die Kuh hat voriges Jahr nicht gekalbt. 5. die Seiten wechseln; zum Feind oder zur gegnerischen Partei überlaufen: ju is fon do Gräine tou do Swotte uurronnen / uurlepen : sie ist von den Grünen zu den Schwarzen übergelaufen. 6. warten auf einen späteren Termin: uus Dochter häd tou leet Bäidedai; ju mout een Jier uurlope , eer ju ätter de Skoule waikumt : unsere Tochter hat einen zu späten Geburtstag; sie muss ein Jahr warten, bevor sie in die Schule kommt.

wain

wegen. (wain kommt nur vor in den Formen mintwain, dintwain, sintwain, hierentwain, sientwain; uzentwain, jouentwain, hierentwain: meinetwegen, deinetwegen, seinetwegen (m.), ihretwegen (f.), seinetwegen (‘n.); unseretwegen, euretwegen, ihretwegen (Pl.). und in der Redewendung fon gjuchts wain: von rechts wegen.)

appenaite fon

in der Nähe von/des, der: ju woont appenaite fon dät oolde Täärp : sie wohnt in der Nähe des alten Dorfes.

dussiede fon

1. diesseits: 1.1 dussiede fon ju Grote Äi : diesseits der Ems. 1.2 (gelegentlich ohne fon) hie woont dussiede Kenoal : er wohnt diesseits des Kanals.

fon Gjuchts wain

von Rechts wegen: von Gjuchts wain mouten wie dät dwo : von Rechts wegen müssen wir das tun.

inmidde fon

mitten in: ju Stoundbielde stuud inmidde fon uus Täärp : die Statue stand mitten in unserem Dorf.

instede fon

anstatt: instede fon ‘‘n Houngst häd hie träi Hauere koped : anstatt eines Pferdes hat er drei Eber gekauft.

junsiede fon

1. jenseits; auf der anderen/ gegenüberliegenden Seite: 1.1 hie woont junsiede fon dä‘n Kenoal : er wohnt auf der anderen Seite des Kanals. 1.2 junsiede fon de Äi : auf der anderen Seite der Sater-Ems.

Tul of Teken hie roate neen Tul of Teken fon sik

er rührte sich nicht und sprach auch kein Wort. (Vermutlich eine Verballhornung des nl. noch taal noch teken: gar nichts.)

wierfon, Wier... fon

1. wovon: 1.1 Wier bääst du so wurich fon? : wovon bist du so müde? (relativisch) do Dregunere, Wier iek fon boald häbe, kanne die goud : die Polizisten, von denen ich gesprochen habe, kennen dich gut.

fattich

1. fettreich, reichlich fetthaltig. 2. fettig, schmierig: 2.1 ‘‘n fattich ieten : ein fettreiches Essen. 2.2 ‘‘n fattige Kipse : eine fettige Mütze. die Steel fon dä‘n Pot is fattich : der Topfstiel ist fettig.

iennieme

1. einnehmen: die Seelter Buund häd dut Jier moor Jeeld iennumen : der saterfriesische Heimatverein hat dieses Jahr mehr Geld eingenommen. 2. Speise, Getränk, Heilmittel zu sich nehmen: hie noom dät Goud ien, un fluks geen et him beter : er nahm die Medizin zu sich, und sofort ging es ihm besser. 3. Platz beanspruchen: ju oolde Bräidkiste nimt de hele Woge ien : die alte Brauttruhe nimmt die ganze Wand ein. 4. begeistern; für sich gewinnen; positiv beeindrucken: 4.1 wie wieren aal fon sien Fjolespieljen aiske iennumen : wir waren alle von seinem Geigenspiel sehr begeistert. 4.2 ju is fon Hiere ‘näie Köäkene heel un aal iennumen : sie ist von ihrer neuen Küche ganz und gar begeistert. ju waas fon him heel iennumen : sie war ganz verliebt in ihn.

kändigje

1. verkünd(ig)en, ansagen; ein Brautpaar aufbieten: jo sunt kändiged wuden : dät betjudt, dät die Pastoor fon dä‘n Preetstoul bekoandmoaked häd, dät jo hilkje wollen : sie sind verkündet worden: das bedeutet, dass der Pastor von der Kanzel bekannt gemacht hat, dass sie heiraten wollen. 2. kündigen: 2.1 hie häd mie dät Jeeld kändiged : er hat mir das Geld gekündigt (= ich muss ihm das Geld sofort zurückzahlen). 2.2 dä‘n Hierder kändigje : dem Mieter kündigen.

Kwant, -e, die

1. leichtsinniger Mensch; Windbeutel. 2. lustiger, munterer, sorgloser junger Mann. Kwanten, do : scherzhaft für große Füße oder Schuhe: nim dien Kwanten fon dä‘n Disk ou! : nimm deine Füße vom Tisch herunter!