Saterfriesisches Wörterbuch
Info      Themen 

ful (b)

1. voll: 1.1 brekend ful : brechend voll. 1.2 bit buppen ful : berstend voll. 1.3 dul un ful : besoffen und gereizt. 1.4 fulle Moune : Vollmond. 1.5 hie wäch?dt nit foar ful numen : er wird nicht für voll genommen. 1.6 in fuller Flamme : lichterloh. 2. echt, leiblich; von demselben Vater und derselben Mutter: min fulle Bruur: mein lieblicher Bruder. 3. ganz, vollkommen: hie häd ful gjucht : vollkommen recht . 4. tüchtig, kräftig: hie stuud deer ful bäte : er vertrat seine Meinung oder die Meinung eines anderen mit ganzer Überzeugung. 5. mit außerordentlichem Fleiß und Engagement: hie oarbaidet foar t Fulle mee : er arbeitet mit vollem Einsatz.

uurlope (a)

1. überlaufen, überfließen; über den Rand des Behälters laufen ju Wonne lopt/lapt uur : die Wanne läuft über. him is die Kop deerbie uurronnen : er ist wütend geworden. 1.3 wier dät Haat fon ful is, deer lapt ju Mule fon uur: wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund über: (M. Luther: Sendbrief vom Dolmetschen ). 1.4 bit Uurlopen ful: bis zum Überlaufen voll. 1.5 ju Moalk lapt uur: die Milch fließt über. 1.6 deer lopt mie ju Mule fon uur: ich kann nicht genug davon sagen, erzählen. 2. überstehen, überleben: die Buur liet dät ene Kolich uurlope, dan hie wüül et grootmoakje: der Bauer ließ das eine Kalb überleben, denn er wollte es großziehen. 3. von der Deckung befreien: wie läite dusse Ku foar ‘n kute Tied uurlope: wir befreien diese Kuh für eine kurze Zeit von der Deckung. 3. (Kuh) nicht trächtig werden. (Eine Kuh, die nach dem Besuch beim Stier nicht trächtig, aber auch nicht wieder brünstich wird, lapt uur.) 4. (Kuh) beim Kalben ein Jahr überspringen: ju Ku is fergeen Jier uurronnen : die Kuh hat voriges Jahr nicht gekalbt. 5. die Seiten wechseln; zum Feind oder zur gegnerischen Partei überlaufen: ju is fon do Gräine tou do Swotte uurronnen / uurlepen : sie ist von den Grünen zu den Schwarzen übergelaufen. 6. warten auf einen späteren Termin: uus Dochter häd tou leet Bäidedai; ju mout een Jier uurlope , eer ju ätter de Skoule waikumt : unsere Tochter hat einen zu späten Geburtstag; sie muss ein Jahr warten, bevor sie in die Schule kommt.

ful (a) (unbetont) /  fuul (betont) (moor, maaste)

1. viel: 1.1 uus Möie häd fuul Goudes in Hiere Lieuwend däin : unsere Tante hat viel Gutes in ihrem Leben getan. 1.2 du hääst mie ful Flaask roat, man nit tou fuul : du hast mir viel Fleisch gegeben, aber nicht zu viel. 1.3 hie däd deer ful foar sien Bäidene : er tut viel für seine Kinder.

Honteful, ju

Handvoll; Hand voll von etwas: ‘n Honteful Soalt: eine Hand voll Salz. ( Honteful hat keine Mehrzahl; man sagt: two Hounde ful.)

fulhoolde

1. aushalten: dät Käizekällen hoolde iek nit moor loange ful : 1.1 die Zahnschmerzen halte ich nicht mehr lange aus. hie Hielt ju Keelde in Murmansk nit ful : er hielt die Kälte in Murmansk nicht aus.

ierm, -e, die

1. Arm: 1.1 Íerm in Íerm: Arm in Arm. 1.2 unner do Íerme griepe : unter die Arme greifen; in einem Notfall unterstützen. 1.3 hie smeet mäd do Íerme in de Lucht : er schwenkte mit den Armen. 1.4 hie smit mäd do Íerme uum sik tou : er schwenkt die Arme beim Gehen. 1.5 ‘‘n ierm ful Brusttee : ein Arm voll Brusttee (scherzhafter Ausdruck, wenn ein Herr eine Dame beim Tanzen an sich drückt). 1.6 hie häd Íerme un Bene fon sik stat : er hat Arme und Beine von sich gestoßen (= er ist gestorben). 1.7 in dä‘n ierm nieme : umarmen. 1.8 dusse Oarbaid lukt in do Íerme : diese Arbeit strapaziert die Arme. 1.9 mäd ierm in ierm : mit verschränkten Armen. 1.10 unner dä‘n ierm : in der Achselhöhle. 2. Stange eines Aushängeschildes. 3. Flussarm, Wasserarm; Arm eines sich teilenden Flusses: 3.1 ‘‘n doden ierm : ein nicht schiffbarer, zugeschütteter Flussarm, der infolge einer Begradigung entstanden ist. 3.2 dät is ‘‘n ierm fon ju Äi : das ist ein Flussarm der Sater-Ems. 4. Senke oder Tiefe im Land, die ein altes Flussbett vermuten lässt. 5. (scherzhaft) Ärmel: do Íerme apkrauelje : die Arme (gemeint sind die Ärmel) hochkrempeln; sich an die Arbeit machen. (Das volkstümliche Wort für Ärmel ist Sleeuwe: engl. sleeve.)

Muk, die/dät

1. Laut, Geräusch: hie roate neen Muk moor fon sik: er gab keinen Laut, kein Sterbenswort mehr von sich. 2. körperliche oder geistige Kraft: 2.1 hie häd ful Muk in do Íerme : er hat sehr viel Kraft in den Armen. 2.2 hie mout ‘näien Muk kriege, hoalje : er muss neue Kraft/Kräfte sammeln. 3. Tatendrang, Unternehmungslust: hie häd noch Muk : er ist noch unternehmungslustig.

Loof, dät

1. Laub: die Boom sit ful Loof: der Baum ist belaubt. 2. abgefallene trockene Blätter. 3. Kraut: in t Loof skjote : ins Kraut schießen.

Ljoachtmisse, ju

1. Mariä Lichtmesse (2. Februar): 1.1 tou Ljoachtmisse klaat die Akster al ‘n Sprik loos: zu Lichtmesse sucht sich der Elster schon einen dürren Zweig, um sein Nest zu bauen. 1.2 ätter Ljoachtmisse gungt naan Foaks moor uur t Íes: nach Lichtmesse geht kein Fuchs mehr über das Eis. 1.3 tou Ljoachtmisse mout dät Hofäk noch holich ful weze; man mout dät hoolge Fodder noch häbe: zu Lichtmess muss das Heufach noch halb voll sein; man muss das halbe Futter noch vorrätich haben.

Latte, -n, ju

1. Latte: 1.1 hie häd ze nit aal ap de Latte / ap do Latten: er ist nicht ganz gescheit. hie mout wäch?t mäd ‘‘n Eende Latte häbe : er sollte verprügelt werden. 1.3 hie häd ju Latte al ful: er hat keinen Kredit mehr. 2. lang aufgeschossener Mensch. 3. Holz für die Verkleidung des Daches, bevor die Pfannen darauf gelegt werden: oankelde Latten sunt skeeuw: einige Latten sind schief.

Koare, -n, ju

1. Karren, Karre, Schubkarre: 1.1 hie is dä‘n Djuwel fon de Koare falen: er ist ein ganz gerissener Mensch. 1.2 ‘n Koare ful Mjuks: eine Karre voll Mist. 1.3 fjauer Koaren ful Sound: vier Karren voll Sand. 1.4 wan min Noaber in t Weertshuus besepen wuden is, dan häbe jo him ap ‘n Koare leden un ätter Huus waibroacht. Dan häbe jo him fóar de Dore fon de Koare kipt, un dan geen et färe: wenn mein Nachbar im Wirtshaus betrunken geworden ist, dann haben sie ihn auf eine Schubkarre geladen und nach Hause gebracht. Dann haben sie ihn vor der Tür aus der Karre gekippt, und dann ging es weiter.

Kniep, -e, die

1. ärmellose, fest ansitzende Damenunterweste. 2. Taille, Leibesmitte, Gürtelgegend, Gürtellinie: 2.1 dät Klood is mie tou knap in dä‘n Kniep: das Kleid ist mir zu eng in der Taille. ju is smäl in dä‘n Kniep : sie hat eine schlanke Taille. 3. Mieder. 4. Kniff, Schelmenstreich, Bubenstreich: die Wäänt sit ful fon Kniepe: der Junge sitzt voller Bubenstreiche. 5. Schwierigkeit: wie sunt noch nit kloor, wiel deer heel wäch?t Kniepe bee/ dät Wierks sitte: wir sind noch nicht fertig, weil eine ganze Menge Schwierigkeiten mit der Sache verbunden sind. 6. Grille, Laune: maasttieds kon man goud mäd hier umegunge, man ju häd hiere Kniepe: meistens kann man mit ihr gut umgehen, aber sie hat ihre Launen.

Grap, -pe, die

1. Spaß, Scherz, Vergnügen: 1.1 deer waas foar mie die Grap owe: da war für mich der Spaß zu Ende. 1.2 deer is mie die Grap fon ougeen: ich habe keine Freude daran gehabt. 1.3 die oolde Käärdel sit noch ful Grappe un Töäge: der alte Mann sitzt noch voller Späßchen und Schelmenstreiche. 2. komischer Einfall; wunderliche Ansicht; Grille: hie häd Grappe : er hat komische Ansichten. 3. Laune: dät Wieuwmoanske häd roare Grappe : die Frau hat komische Launen. 4. Schrulle, seltsame Angewohnheit.

Huus, do Huze, dät

1. Haus: 1.1 wie häbe Huus bee/ Huus dät Bäiden soacht: wir haben von Haus zu Haus das Kind gesucht. 1.2 hie häd Huus un Ho(a)f ferspield: er hat Haus und Hof (seinen ganzen Besitz) verspielt. 1.3 wie wieren aal in Huus: wir waren alle zu Hause. 1.4 Huus ap dä‘n Boolke, Ladere in dä‘n Sood: Haus auf dem Dachboden, Leiter im Brunnen. (Teil einer Hochzeitseinladung, die zur völligen Absicherung des Hausrats auffordert, damit alle Familienmitglieder zur Hochzeit gehen können.) 1.5 epen Huus: historisches saterfriesisches Bauernhaus ohne Schornstein. 1.6 fon Huus uut: 1.6.1 von der Familie her. 1.6.2 eigentlich, ursprünglich. 1.6.3 seit jeher; von Natur aus. 1.7 in Huus : zu Hause. 1.8 ätter Huus wai fiere : nach Hause fahren. 1.9 bee/ do Huze lope : 1.9.1 von Haus zu Haus laufen. 1.9.2 hausieren gehen. 1.10 bee/ + mie, die, him/hier, uus, jou, him + in Huus : in meiner, deiner, seiner, ihrer, unserer, eurer, ihrer Familie. 1.11 aan dät Huus ferbjode : jemanden aus dem Hause verbannen; jemandem Hausverbot erteilen. 1.12 deer lapt aan bee/ him uum t Huus tou : es läuft jemand bei ihm ums Haus herum (= er hat nicht alle Tassen im Schrank). 1.13 hie gungt mäd Were bee/ do Huze : er hausiert. 1.14 hie häd mie dät Huus tou litjet moaked : er hat spektakelt, viel Aufhebens gemacht. 1.15 wie genen bee/ do Huze bieloangs : wir gingen von Haus zu Haus. 1.16 ju häd wäch?t in Huus broacht : sie hat ein uneheliches Kind geboren. 1.17 et is beter in ‘‘n oold Huus as buppe ap ‘‘n ‘näi : es ist besser in einem alten Haus als oben auf einem neuen. 18. siet ju kroank is, is ju an t Huus buunden : seit sie krank ist, ist sie ans Haus gebunden. 1.19 tou t Huus uut! : raus aus dem Haus! 1.20 Wier kumt hie uut Huus? : 1.20.1 wo kommt er her? 1.20.2 aus welcher Familie stammt er? 1.21 ‘‘n Bäiden uut Huus seende : ein Kind aus dem Hause schicken, damit es seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann. 1.22 hie häd ‘‘n Huus ful Bäidene : er hat ein Haus voller Kinder. 2. Gebärmutter der Kuh. 3. Öhr einer Axt oder eines Beils. 4. Schaufeltülle. 5. Axthaube.

Hunk un Prunk, dät

Sammelbegriff für teure Gegenstände: dät Huus waas ful fon Hunk un Prunk: das Haus war voll mit teuren Gegenständen.

Hulle, -n, ju

1. Hülle. 2. (scherzhaft) Körper: ju Hulle ful häbe: betrunken sein.

Huke, -n, ju

1. die Schulterpartie; der obere Teil des Rückens: 1.1 hie häd goud aan in de Huke: er ist betrunken. 1.2 hie hied de Huke ful: er war sternhagelvoll, sturzbetrunken. 2. Hocke, Hockstellung: in de Huke sitte gunge : in Hockstellung gehen.

Habbekuuk, -kuke, die

1. Geizhals. 2. raffgieriger Mensch: dät is ‘‘n Habbekuuk – hie kon dä‘n Hoals nit ful kriege : das ist ein raffgieriger Mensch – er kann den Hals nicht voll bekommen. 3. jemand, der immer nur das Allerbeste haben will; ein äußerst anspruchsvoller Mensch. 4. Vielfraß, gieriger Esser.

Gedrüüs , dät

1. Lärm, Spektakel. 2. Gehabe, Getue, Aufhebens: fuul Gedrüüs uum goar niks : viel Aufhebens um nichts. 3. Bewegungen mit Armen und Beinen: hie häd ful Gedrüüs an sik : er wedelt heftig mit den Armen.

skupje

1. schieben, schubsen, stoßen: hie is tou ju Dore uutskupped wuden : er ist zu der Tür hinausgestoßen worden. 2. treten: wäch?t hälpt et, wan ‘‘n Ku ‘‘n Ommer ful Moalk rakt un him Wier uur dä‘n Kop skuppet? : was ‘nützt es, wenn eine Kuh einen Eimer voll Milch gibt und ihn dann mit einem Tritt wieder umwirft?

uurdrinke

(Pferdezucht) die Muttermilch der Stute zu schnell trinken/ saufen: die Fole häd sik uurdroanken, wiel ju Märe dät Jader tou ful hiede : das Fohlen hat zu schnell getrunken, weil die Stute das Euter zu voll hatte.

umetoulope

umherlaufen: hie lapt deer umetou, as wan hie ju Bukse ful hiede : er läuft umher, als wenn er die Hose voll hätte.

umekippe

1. umkippen; plötzlich umfallen (is): ju Kiste is ap dä‘n Ledebeen umekipt : die Kiste ist auf der Ladebühne umgekippt. 2. zum Umkippen bringen; umwerfen: hie kipte ‘‘n Ommer ful Woater ume : er kippte einen Eimer voll Wasser um. 3. (Boot) kentern (is).

trucheenuur (a)

1. durcheinander: trucheenuur lope : durcheinander geraten; in Verwirrung geraten; geisteskrank werden. du brangst mie trucheenuur : du bringst mich außer Fassung. 1.3 jo gunge/lope ful trucheenuur: sie gehen häufig miteinander um; pflegen häufigen Umgang miteinander. 1.4 trucheenuur bale: wirr, konfus reden. 1.5 trucheenuur fale: zusammenstürzen: die Eedbäält ist trucheenuur falen: der Torfhaufen ist zusammengestürzt. Wien trucheenuur kladderje : Wein panschen. trucheenuur kume : in Verwirrung geraten. trucheenuur moange / muuzje: zu einer Masse verarbeiten, zermanschen. 1.9 trucheenuur seden Íeten: durcheinander gekochtes Essen; Eintopf. 1.10 (Farben) durcheinander rinnen: do Fawen sunt fon Wäitigaid trucheenuur ronnen / lepen : die Farben sind vor Nässe durcheinander geronnen.

Suderdeel, dät

südlicher Teil: dät Suderdeel fon dä‘n Aprit is ful fon Sleke: der südliche Teil der Auffahrt ist voller Schlaglöcher.